Aufbau des Spiels "Architekten des Westfrankenreichs"

Architekten des Westfrankenreichs

Ein Worker-Placement-Spiel, bei dem die Arbeiter nicht einfach nur Felder blockieren. Ressourcen-Management und Aufbau-Simulation. Von Vornherein war klar, dass dieses Spiel in meine Sammlung gehört.

Das Artwork scheint bekannt

Vielen ist auf den ersten Blick schon aufgefallen, dass die Architekten verdächtig nach den Räubern der Nordsee aussehen. Das liegt vor Allem daran, dass sich Mihajlo Dimitrievski wieder die detailverliebten Chaaraktere zeichnete, Aber auch inhaltlich kann das kleine Paket an den Erfolg der Nordseesaga anknüpfen. Designer Shem Philips hat sich tatkräftige Unterstützung von S J McDonald geholt und zusammen präsentieren sie uns ein strategisches Städtebauspiel mit einigen sehr interesaanten Worker-Placement-Mechaniken und einem ebenso interessanten Thema.

Burgen bauen, Leute klauen

Gegen Ende der Karolingerzeit teilten die Erben Karls des großen das Reich unter sich auf. Im Westen entstand der Vorläufer des heutigen Frankreichs. In dieser relativ stabilen Zeit, versuchen wir als Bauherren zahlreiche Projekte zu verwirklichen und natürlich am Bau einer großartigen Kathedrale mitwirken zu dürfen. Ganz tugendhaft und ohne die eine oder andere Intrige geht das natürlich nicht von statten. Und so bauen wir nicht nur sakrale und profane Bauten, sondern schleichen auch mal auf dem Schwarzmarkt herum, greifen in die Steuerkasse, oder nehmen gleich ganze Gruppen gegnerischer Arbeiter unter fadenscheinigen Vorwänden einfach gefangen.

Wie spielt man die Architekten?

Der Spielplan zeigt die verschiedenen Orte, ausliegende Lehrlingskarten etc. Jeder Ort gibt an, welche Aktion dort ausgeführt werden kann und welche Effekte die Arbeiter aus den Vorrunden dabei bringen.
An den verschiedenen Orten können beliebig viele Arbeiter stehen. (Der Kasten für das Steueramt ist Teil der Mini-Erweiterung)

Im Grunde ist die Architekten des Westfrankenreichs ein Worker Placement Spiel, das heißt ihr setzt nacheinander Arbeiter auf dem Spielplan ein um bestimmte Aktionen auszuführen. Wo euch bei anderen Spielen nach einigen Aktionen die Arbeiter ausgehen und ihr am Ende der eigentlich Runde eure Arbeiter zurückbekommt, gibt euch die Architekten gleich zwanzig Arbeiter an die Hand, von dem ihr in jedem Zug genau einen einsetzt. Die meisten Felder des Plans sind auch nicht beschränkt und ihr könnt euren Arbeiter auf ein Feld schicken, dass bereits von eigenen oder fremden oder eigenen und fremden Arbeitern besetzt ist. Auf vielen Feldern wollt ihr auch mehrere Arbeiter aus den Vorrunden stehen haben um zum Beispiel mehr Rohstoffe zu sammeln oder zusätzliche Aktionen ausführen zu können. So könnt ihr zum Beispiel in der Mine mit zwei oder mehr Arbeitern entweder Gold schürfen oder einfach mehr Lehm sammeln; am königlichen Lager bekommt ihr eine Tauschaktion für jeden Arbeiter.

Somit sammeln sich auf einigen Feldern in der Regel immer mehr Arbeiter an und damit kommt auch der zweite Kernmechanismus der Architekten ins Spiel. Am Marktplatz könnt ihr fremde Arbeiter oder wahlweise auch die eigenen gefangen nehmen. Thematisch wird das so erklärt, dass ihr behauptet, die Arbeiter würden dort einen Aufstand gegen den König anzetteln. In unseren Runden werden jedoch in der Regel einfach Arbeiter „geklaut“. Die eigenen Arbeiter einzusammeln kann selbst in friedlichen Runden Sinn machen: Sollten euch einmal die Arbeiter ausgehen, könnt ihr nur einen einzigen Meeple vom Spielplan zurück in euren Vorrat nehmen und müsst im Grunde aussetzen. Das gleiche würde sich dann im übernächsten Zug wiederholen und so weiter. Aber auch in allen anderen Runden kann es strategisch wichtig sein die eigenen Grüppchen zurückzuholen um den anderen Mitspielern keine Gelegenheit dazu zu geben.

Auf dem Spielertableau gibt es eine Punkteübersicht. Außerdem werden hier eigene und fremde, gefangene, Arbeiter sowie Ressourcen und Silbermünzen gesammelt. Daneben legt ihr gebaute Gebäaude und angeworbene Lehrlinge aus.
Ihr sammelt Ressourcen für eure Bauvorhaben, werbt Lehrlinge an und nehmt fremde Arbeiter gefangen.

Fremde Arbeiter werden nämlich erstmal im Vorrat gesammelt und können am Wachhaus gegen eine Belohnung abgeliefert werden. Dort können auch diese Arbeiter dann wiederum vom jeweiligen Mitspieler kostenlos abgeholt werden, vermutlich indem man aufklärt, dass diese nie rebellieren wollten, oder noch von Mitspielern festgehaltene Arbeiter ausgelöst werden.

Ein Spiel, dass das Wort Architekten im Namen trägt muss natürlich auch noch die Möglichkeit bieten Gebäude zu bauen, wozu sammelt man sonst auch Rohstoffe ein? Zum einen gibt es da die Kathedrale, an der jeder Spieler in mehreren Stufen mitarbeiten kann und für die es neben dem Punktgewinn noch Vorteile aus Belohnungskarten gibt. Zum anderen gibt es Gebäudekarten, die passenderweise erst einmal Baupläne genannt werden, und die neben massiven Punktegewinnen auch immer noch Sondereffekte geben, die entweder sofortige Auswirkungen haben oder erst zum Ende des Spiels abgerechnet werden.

Für die wirklich wertvollen Gebäude braucht man jedoch spezielle Fertigkeiten, die man nur bekommt, indem man Lehrlinge anheuert. Neben einer dieser drei Fertigkeiten bieten die Lehrlinge aber auch noch zusätzliche Effekte wie zusätzliche Ressourcen bei bestimmten Aktionen, verminderte Kosten, oder ganz neue Tauschmöglichkeiten am königlichen Lager.

Ein Blick auf die Tugendleiste und dazugehörige Aktionsfelder
Steuergelder zu klauen oder auf dem Schwarzmarkt einzukaufen ist wenig Tugendhaft. Das kann dazu führen, dass ihr nicht mehr an der Kathedrale bauen dürft, aber erlaubt euch weitere Steuern zu hinterziehen.

Viele Effekte der Gebäude- und Lehrlingskarten führen zu Gewinnen und Verlusten an Tugend, die auf einer eigenen Leiste nachverfolgt werden. Spieler, die sich wenig Tugendhaft verhalten, werden zwar vom Bau an der Kathedrale ausgeschlossen, können dafür aber bei einigen Aktionen Kosten einsparen, indem sie Steuern hinterziehen. Tugendhafte Spieler werden hingegen davon ausgeschlossen sich auf dem Schwarzmarkt wertvolle Rohstoffe, Lehrlinge oder neue Baupläne zu besonders günstigen Konditionen zu beschaffen.

Für die Bauaktionen werden die Arbeiter nicht auf einem einfachen Aktionsfeld einsetzt sondern auf einem speziellen Tableau abgelegt, dessen verfügbare Plätze sich an der Spieleranzahl orientieren. Sobald dort der letzte Platz belegt ist, wird noch eine komplette Finale Runde gespielt und der Sieger bestimmt.

Mein bisheriger Eindruck

Nach einigen Partien lässt sich sagen, dass die Architekten nicht einfach zu meistern sind, aber durchweg Spaß machen. Insbesondere durch die Multiplikator-Wirkung der Arbeiter versucht man häufig über mehrere Runden an eine bestimmte Anzahl Rohstoffe zu kommen, um gleich mehrere Projekte zu verwirklichen. Dabei muss man damit rechnen, dass einem die anderen Spieler reingrätschen und die Arbeiter gefangen nehmen, wenn man mit nur einer weiteren Aktion genügend Rohstoffe gehabt hätte. Man könnte also schon fast von einem Push-Your-Luck-Mechanismus sprechen, wenn man versucht abzuschätzen, wann die anderen mit ihren eigenen Strategien so beschäftigt sind, dass die das gar nicht mitbekommen.

Eine große Gefahr in den ersten Partien stellen die verlockenden Spezialfähigkeiten der Lehrlinge dar. Zu leicht verschwendet man mehrere Züge damit sich Kombinationen aus Lehrlingen zusammen zu stellen, die man dann im weiteren Verlauf nur selten nutzt.

Erstlinge versuchen außerdem häufig möglichst Tugendhaft zu handeln, dabei macht es besonders viel Spaß auszubaldowern, wie man früh im Spiel Steuern einsparen kann, und dennoch im späteren Verlauf wieder an Tugend hinzugewinnt, um doch noch an der Kathedrale oder der Tugendleiste selbst einige Punkte einzuheimsen.

Für diese strategischen Entscheidungen hat man aber eigentlich sehr viel Zeit ohne dass es zu „Downtimes“ oder zur vielgefürchteten Analyse-Paralyse kommt. Viele „kleine“ Züge, in denen man nur mal kurz ein paar Rohstoffe einsammelt, geben einem genug Zeit, um nochmal darüber nachzudenken, ob man diese Rohstoffe denn nun für das angestrebte Ziel einsetzen will, oder sich neue Möglichkeiten ergeben haben.

Fazit

Die Architekten des Westfrankenreichs stellt sich zuerst als recht komplexes Strategiespiel dar, kann jedoch durch die eingängigen Grundmechaniken nicht nur Einsteigern einen schnellen Zugang bieten, sondern resultiert auch in einem wirklich zügigen Spieltempo. Wo sich in anderen Worker Placement Spielen Interaktion häufig nur auf das Blockieren von Aktionsfeldern beschränkt, ersetzt die Marktplatzaktion auch noch die Zufallseffekte von Spielen wie Stone Age. Die große Anzahl an Gebäauden- und Lehrlingskarten bringt außerdem einiges an Variation in die Runden und fördert neue strategische Ansätze.

Für erfahrene Spieler bieten die Architekten außerdem auf den Rückseiten der Spielertableaus Spezialfähigkeiten und unterschiedliche Startressourcen wodurch sich die gleichen Ausgangbedingungen in ein asymetrisches Spiel verändern lassen.

Was ist drin in der Box?

  • 1 Spielbrett
  • 10 Schwarzmarktkarten
  • 22 Schuldscheine
  • 11 Belohnungskarten
  • 6 Multiplikatorkarten
  • 40 Lehrlingskarten
  • 40 Gebäudekarten
  • 5 doppelseitige Spielertableaus
  • 1 doppelseitiges Tableau für das Solospiel
  • 35 Ressourcen „Lehm“ (aus Holz)
  • 40 Ressourcen „Holz“ (aus Holz)
  • 40 Ressourcen „Stein“ (aus Holz)
  • 25 Ressourcen „Gold“ (aus Holz)
  • 30 Ressourcen „Marmor“ (aus Holz)
  • 10 Spielermarker (aus Holz)
  • 100 Arbeiterfiguren (aus Holz)
  • 50 Silbermarker (aus Pappe;beim Schwerkraftverlag auch aus Metall erhältlich)
  • 1 Regelheft
  • 1 Appendix mit Regelvarianten

Wo bekommt ihr es?

Der Schwerkraftverlag betreibt einen eigenen Webshop, bei dem ihr insbesondere bei Interesse an Erweiterungen oder Metallmünzen gut aufgehoben seid. Bisher gibt es eine kleine Erweiterung mit einem zweiten Satz Spielertableaus (mit neuen Spezialfähigkeiten), ein paar neuen Lehrlingen und Gebäuden und einem Pappkasten für die Steuerkasse, der bereits in useren Fotos zu sehen ist.

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